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12.7 Die Konjugation der Verben:
Das deutsche Verb "sein" (ist, bist, bin, sind, seid, werden, war) hat verschiedene Bedeutung und Einsatzmöglichkeiten. In der Lakotasprache gibt es dafür verschiedene Wörter. Sie müssen in der Lakotasprache sorgfältig die unterschiedlichen Wörter bei der Anwendung des deutschen Verbes "sein" lernen. In der deutschen Sprache hat dieses Verb verschiedene Funktionen. Aber in der Lakotasprache werden diese verschiedenen Funktionen dieses Verbs durch ungleiche Wörter unterschieden.
Beginnen wir mit einer Übersicht der verschiedenen grammatischen Aufgaben des Verbes "sein". Eine Funktion des Verbes "sein" in der deutschen Sprache ist die Verbindung mit einem stativen Verb, Adjektiv oder Eigenschaftswort genannt. Man sagt: "Es ist kalt heute." oder "Deine Mutter ist jung." oder "Ich bin krank." oder "Ich werde achtzehn.". In der Lakotasprache gibt es kein Äquivalent für alle diese Formen des Verbes "sein".
Eine andere Aufgabe des Verbes "sein" in der deutschen Sprache ist die Funktion als Hilfsverb in Verbindung mit einem anderen Verb (Tätigkeitswort), auch Partizip genannt, welches längere Zeit andauert in Sätzen wie: "Ich bin beschäftigt.", "Sie ist gefahren.", "Peter war gelaufen.", "Das Feuer ist erloschen." oder "Wir waren verschwunden.". [...]
Die dritte Funktion des Verbes "sein" ist die Lokalisierung, also wo sich eine Person oder eine Sache befindet. "Er ist im Haus.", "Sie waren auf dem Tisch." usw. In der Lakotasprache gibt es dafür mehrere Möglichkeiten. (Siehe Kapitel 12.2.2.1 Verben der Lokalisierung)
Im Deutschen wird das Verb "sein" auch benutzt, um unterschiedliche Arten der Existenz zu beschreiben. In der Lakotasprache werden verschiedene Verben mit solcher Bedeutung verwendet.
Zwei wichtige Verben, welche beide im Zusammenhang mit belebten und unbelebten Subjekten verwendet werden, drücken deutlich aus, dass das Subjekt etwas ist.
Das Verb Iyé bedeutet "etwas Bestimmtes sein". Es handelt sich um ein statives Verb. Dieses Tätigkeitswort ist gleichzeitig ein I-Verb. Wenn es bei der Konjugation keine Vorsilbe gibt, wird das I (und das folgende y) weggelassen.
miyé | Ich bin derjenige. Ich bin diejenige. Ich bin es. (Telefongespräch) |
niyé | Du bist derjenige. Du bist diejenige. |
(Hé) é. | Er ist derjenige. Sie ist diejenige. |
[...] | Wir (du und ich) sind diejenigen. |
[...] | Wir sind diejenigen. |
Niyé pi. | Ihr seid diejenigen. |
(Hená) é pi. | Sie sind diejenigen. |
Hier sind einige Beispiele für die Benutzung von Iyé:
Tuwá hí he? miyé | Wer kam hier an? (w. R.) Ich bin diejenige. |
Hé Robert é. | Derjenige ist Robert. Er ist Robert. |
Lé é he? | Ist es das hier ? Ist es derjenige hier ? Ist es diejenige hier? (w. R.) |
Es ist besonders darauf zu achten, dass es ein eng verwandtes Verb gibt, welches eine ähnliche Bedeutung hat: iyé "derjenige sein zu bestimmen, derjenige sein zu entscheiden, diejenige sein zu bestimmen, diejenige sein zu entscheiden". Die Konjugationsform dieses stativen Verbs ist die Gleiche wie bei Iyé, mit der Ausnahme, dass die 3. Person Singular iyé und die 3. Person Plural iyé pi ist. Jedenfalls kann miyé mehrere Bedeutungen haben: "Ich bin derjenige.", "Ich bin derjenige zu bestimmen.", "Ich bin diejenige.", "Ich bin diejenige zu bestimmen.", "Es hängt von mir ab." und "Es liegt an mir". Die selben Bedeutungen sind für alle Konjugationsformen mit Personalsilben möglich.
[...]
Die Zusammenfassung: Iyé und iyé beziehen sich auf eine bestimmte Person oder Sache. [...]
Es gibt noch eine andere Kategorie der Existenz in der Lakotasprache, welche für Dinge verwendet werden, die in enger Beziehung zum Körper, Verwandten und Bedürfnissen des täglichen Lebens stehen. [...] Die Verben werden verwendet, um die spezielle Art des Seins in der Lakotasprache zu beschreiben. Diese Verben müssen im Deutschen oft als haben übersetzt werden.
Zusammenfassung der Lakotaverben mit der Bedeutung "sein"
I Lokalisierung
A. Belebte Subjekte
1. [...] | allgemeine Lokalisierung |
2. [...] | stehen, stehend sein |
3. [...] | sitzen, sitzend sein |
4. [...] | liegen, liegend sein |
B. Unbelebte Subjekte | |
1. [...] | Lokalisierung in einem Raum/ Behälter |
2. [...] | in aufrechter Stellung sein |
3. [...] | hocken, kauern, liegen |
4. [...] | lange Dinge liegen |
5. hiyéya | sich hier und dort befinden |
II. Existenz | |
1. Iyé | Ein bestimmtes oder spezifisches Individuum sein, der ... sein, die ... sein |
2. [...] | Ein Mitglied einer bestimmten Klasse sein, ein ... sein, eine ... sein |
III. Existenz/ Besitz | |
1. [...] | Existenz von etwas in Beziehung zu jemandem |
2. [...] | Nichtexistenz von etwas in Beziehung zu jemandem |
In der Lakotasprache gibt es drei unterschiedliche Verben für essen. Das sind: thebyá, wóta, yúta.
Das Verb thebyá ist ein regelmäßiges transitives aktives Tätigkeitswort: thebwáye, [...]. Dieses Verb wird benutzt, wenn etwas völlig konsumiert, also aufgegessen wurde: [...]
Das Verb wóta ist unregelmäßig. Lernen Sie die folgenden Konjugationsformen:
wawáte | Ich esse ... |
wayáte | Du isst ... |
(Hé) wóte. | Er isst ... |
Wayáta pi. | Ihr esst ... |
(Hená) wóta pi. | Sie essen ... |
Dieses Verb wird verwendet, wenn wir im Deutschen nur das Wort essen, also ohne Objekt benutzen. So sagt man auf Lakota "Hast du gegessen?" Wayáta he?. Eigentlich beinhaltet das Verb wóta ein Objekt, und deshalb könnte es mit "etwas essen" übersetzt werden.
Das Verb yúta wird benutzt, wenn ein Objekt wie im folgenden Satz erwähnt wird: Bló wáte. "Ich esse Kartoffeln.". Yúta wird auch unregelmäßig konjugiert. Lernen Sie folgende Konjugation:
wáte | Ich esse es. |
yáte | Du isst es. |
(Hé) yúte. | Er isst es. |
Yáta pi. | Ihr esst es. |
(Hená) yúta pi. | Sie essen es. |
Merken Sie sich bitte, dass yúta und thebyá auf die gleiche Weise genutzt werden. Sie sind zum größten Teil austauschbar mit der Ausnahme, wenn das Essen beendet ist, bzw. wenn etwas aufgegessen wurde, muss thebyá verwendet werden. Prägen Sie sich bitte ein, dass thebyá und yúta mit einem erwähnten Objekt angewendet wird, während man wóta nutzt, wenn keine Objekt erwähnt wird.
13. Die Verdoppelung (Reduplication)
Verdoppelungen sind solche Worte wie:
waštéšte | gut sein |
líglila | äußerst, sehr, sehr viel, überaus |
Jedes dieser Wörter enthält zwei identische oder fast ähnliche Silben nebeneinander. Diese Kopie oder Wiederholung von einer Silbe nebeneinander ist ein auffallendes Charaktermerkmal der Lakotasprache. Dieser Prozess wird Verdoppelung (Reduplication) genannt.
Theoretisch darf jedes Lakotawort verdoppelt werden. Tatsächlich wird die Wiederholung vielfach genutzt, neue Worte zu erfinden, um dem täglichen Sprachgebrauch Ausdruckskraft hinzuzufügen.
Die Verdoppelung eines einfachen Wortes hat gewöhnlich eine von drei Bedeutungen:
1. Einer größeren Anzahl wird Ausdruck vermittelt.
Takúku luhá he? | Was hast du alles? (w. R.) |
Das ist die einzige Möglichkeit in der Lakotasprache die Mehrzahl von unbelebten Dingen ohne die Benutzung von Zahlen und Wörtern wie viel und mehrere auszudrücken.
2. Die Verteilung und Aufteilung in einem Raum, Platz und Ort und/ oder Wiederholung wird aufgezeigt.
Hélhel égnaka pi. | Sie legten sie hier und dorthin. (Kollektiv) |
Hená númnupa ahí. | Sie kamen paarweise hier an. (Kollektiv) |
3. Mehr oder weniger intensiv als das nicht verdoppelte Wort:
Líglila wóta pi. | Sie essen sehr viel. |
Die Verdoppelung kann auch noch andere Bedeutungen haben, welche schwierig in eine Kategorie einzuordnen sind. Hierzu folgende Beispiele:
Wóglaglaka pi. | Sie plaudern. Sie schwatzen. |
wóglaka | sich unterhalten |
Thíthi pi la ke. | Sie leben einfach auf irgendeine Art. |
thí | leben, verweilen, wohnen |
Hé lakhólkhota. | Er hat eine indianische Art und Weise angenommen. (Wird von einem Nicht-Indianer berichtet.) |
lakhóta | Indianer |
Die Verdoppelung in der Lakotasprache zeigt einige Schwierigkeiten in der Ausdrucksform und in der Bedeutung. Es ist gewöhnlich nicht vorhersagbar, welche Silbe wiedergegeben wird. Das kann an Beispielen von Zahlen sichtbar gemacht werde.
yámnimni | zu dritt nacheinander |
tóbtopa | zu viert nacheinander |
Die Verdoppelung ist am Ende von "drei", am Anfang von "vier" und in der Mitte von "neun".
Diese Beispiele zeigen die auftretenden Veränderungen bei der Verdoppelung von Lakota-Wörtern auf eine andere Weise.
Eins dieser Beispiele zeigt die auftretende Veränderung bei der Verdoppelung von Lakota-Wörtern auf eine andere Weise. Wir stellen fest, wenn tópa verdoppelt wird, dass der letze Mitlaut des Wortstamms p durch b ersetzt wird. Bei allen Wortstämmen, welche auf p, t und k enden, findet dieser Mitlautwechsel statt: p durch b oder m, t durch l, k durch g. Hierzu gibt es Beispiele:
tópa | vier | tóbtopa | zu viert nacheinander |
núpa | zwei | númnupa | zu zweit nacheinander |
kháta | heiß | khalkháta | überhitzt |
In einigen Fällen sind in der Verdoppelung Mitlaute eingefügt, welche im ursprünglichen Wort nicht vorkommen.
líla | sehr | líglila | sehr, sehr viel |
Einige verdoppelte Worte haben kein entsprechendes nicht-verdoppeltes Wort. Ein Beispiel davon ist olúluta "schwitzen".
Wenn A-Wörter am Ende verdoppelt wurden, ändert sich der am Schluß befindliche Mitlaut nicht.
An den bisherigen Beschreibungen können wir erkennen, dass die Verdoppelung keine leichte Sache für einen Nicht-Lakota ist. Es gibt viele weit verbreitete Beispiele für die Ausdrucksform und Bedeutung von verdoppelten Wörtern, aber in einzelnen Fällen ist es schwer voraussagbar.
In Anbetracht dieser Schwierigkeit, ist es das beste, sich die verdoppelten Worte so im Zusammenhang einzuprägen, wie sie in den Beispielen erwähnt werden. Mit der Zeit lernt man die verdoppelten Worte und kann herausfinden, ob ein nicht-verdoppeltes Äquivalent existiert und welche Bedeutung es hat. Mit fortschreitender Zeit und Erfahrung beginnt man ein Gefühl f6uuml;r die Verdoppelungen zu entwickeln, welche uns befähigt, sie genauso kreativ wie die Lakota (indianer) zu benutzen.
In einem bestimmten Fall läßt sich die Benutzung von Verdoppelungen nicht vermeiden, und zwar wenn in einem Satz das Verb "stative" und das Subjekt unbelebt sind. Da in den Sätzen nur bei belebten Pluralsubstantiven (Dingwörter in der Mehrzahl) Verben mit pi auftreten, wird bei unbelebten Substantiven der Plural (Mehrzahl) durch Verdoppelung der Verben gebildet.
Hier ist eine Liste der "stative" Verben, welche verdoppelt werden können und in Verbindung mit unbelebten Substantiven (Dingwörtern) verwendet werden.
Infinitiv (Grundform) | Verdoppelung | Bedeutung |
kháta | khalkháta | heiß sein |
sápa | sabsápa | schwarz sein |
ská | skaská | weiß sein |
skúya | skuskúya | süß sein |
sní | snísni, snisní 1 | kalt sein |
wašté | waštéšte | gut sein |
zí | zizí | gelb sein |
1. snísni bedeutet "ziemlich kalt sein"; snisní bedeutet "kalte Dinge"
Die Verdoppelung der Verbformen tritt auch in Verbindung mit belebten Objekten auf. Die Funktion der Verdoppelung in solchen Fällen ist kompliziert. In einigen Fällen ist die Bedeutung unterschiedlich. In anderen Fällen haben das Basisverb und die Verdoppelung die gleiche Bedeutung. In noch anderen Fällen muss man verdoppeln, weil das einfache Verb nicht korrekt ausdrückt, was gemeint ist, auch wenn es durch pi pluralisiert wird.
Man muss die Verdoppelung hauptsächlich dann benutzen, wenn mit einem unbelebtes Substantiv (Dingwort) in Verbindung mit einem "stativen" Verb der Plural (Mehrzahl) ausgedrückt werden soll. Man darf die Verdoppelung in verschiedenen Fällen benutzen mit einer großen Breite an Bedeutung. Der besondere Sinn der Verdoppelung muss zuammen mit der Bedeutung des nicht- verdoppelten Basisverbs gelernt werden.
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